Noel Röhrig
Softwareentwickler auf Rädern 🚎
23.02.2024 | 5 min Lesezeit
Spätestens seit der Corona Pandemie ist das Home-Office und die damit verbundene Remote Work allen ein Begriff. Ich persönlich habe pünktlich zu Beginn der Pandemie 2020 meine Ausbildung abgeschlossen und eine neue Stelle angetreten - ungeplant und fast direkt zu 100% von zuhause. Mit diesem Blogeintrag möchte ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse von nunmehr vier Jahren Remote Work teilen.
Ich könnte hier die X-te Abhandlung darüber halten, wie wichtig ein Ergonomischer und Effizienter Arbeitsplatz ist. Dass man sich bemühen sollte, eine anständige Kamera und ein gutes Headset parat zu haben um mit den Kollegen ordentliche Videoanrufe zu führen.
Diese Punkte und sicherlich viele weitere sind wichtig - aber nicht das was an Remote Work interessant ist. Aber so viel sei gesagt: Mittelfristig ist eine richtige Workstation unabdingbar und ein eigenes Zimmer als Büro von Vorteil. Über die optimale Arbeitsumgebung für Entwickler hat Sergej bereits geschrieben.
Die Arbeit von zuhause bringt viele Vorteile, sowohl für Arbeitnehmer als auch Unternehmen. Dazu zählen inhärente Dinge wie der Wegfall von Pendelzeiten und den damit verbunden Kosten, günstigeres (und vielleicht sogar gesünderes) Mittagessen zuhause oder die Flexibilität während Wartezeiten auch mal den Abwasch schnell fertig zu machen.
Wenn man sich dem Konzept von Remote Work aber umfassend annimmt, offenbaren sich viele Verbesserungen, sowohl für das Arbeits- als auch für das Privatleben. Wenn man nicht mehr an ein Büro gebunden ist, bieten sich deutlich flexiblere Arbeitszeiten an um anderen Verpflichtungen im Leben nachzukommen. So muss man das allseits bekannte Mittagstief nicht mehr zwangsläufig im Büro absitzen sondern kann in dieser Zeit einkaufen, mit dem Hund raus oder kurz Sport machen. Dafür kann man dann später am Nachmittag, wenn man wieder produktiver ist, länger arbeiten. Solche Konstellationen können enorme Produktivitätssteigerungen bedeuten. Im Privaten lassen sich Alltagsaufgaben in sonst “toter” Zeit erledigen und im Job lässt sich die Arbeitszeit besser nutzen. Damit das auch zuverlässig klappt, hilft es im Team asynchrones Arbeiten zu unterstützen und die Abhängigkeit von Arbeitsergebnissen zwischen den Kollegen zu minimieren.
Aus asynchroner Arbeit ergibt sich in Zeiten des Fachkräftemangels auch ein gravierender Vorteil von Remote Work für Arbeitgeber: Die Möglichkeit überregional Talente anzuzapfen. “Telearbeit” an sich erweitert bereits den Bewerberpool auf ganz Deutschland - wenn allerdings asynchron gearbeitet wird werden auch unterschiedliche Zeitzonen zunehmend egal. Außerdem sparen Arbeitgeber mit höherem Home-Office Anteil Kosten für Büroräume und eventuelle Verpflegung der Mitarbeiter.
Für mich persönlich ist das größte Argument für Remote Work relativ einfach: Ich kann mich in einem Großraumbüro viel schlechter konzentrieren und arbeite viel produktiver wenn ich mich isoliert in meinem Heimbüro fokussieren kann.
Es wäre verlogen zu behaupten, dass das Konzept von Remote Work nicht auch Hürden mit sich bringt. Die meisten davon lassen sich mit guter Organisation und Struktur überwinden - einige sind allerdings Typsache und für manche Menschen unbezwingbar.
Wenn zum Beispiel das übliche Verzäll (kölsche Grüße 😉) in der Kaffeeküche wegfällt, kann die Kommunikation im Team schnell leiden. Hier hilft es multimedial erreichbar zu sein. Emails, Chatprogramme und die entsprechenden Apps mobil auf dem Handy. Das steht zwar gegebenenfalls diametral gegen das Prinzip der Trennung von Arbeit und Privatleben - allerdings muss man dieses Prinzip meiner Meinung nach etwas aufweichen wenn Remote Work für alle beteiligten funktionieren soll. Überspitzt formuliert: Wenn ich mir herausnehme meine Arbeitszeiten spontan zu verschieben um dem FC beim verlieren zuzusehen, muss ich auch bereit sein auf der Arbeit in der Halbzeit zu unterstützen.
Zudem ist es schwierig einen Maßstab für die eigenen Arbeitsergebnisse zu behalten und vor allem zu vermitteln. Sich unerwartet zwei Tage die Zähne an einer Aufgabe auszubeißen kann für Kollegen schnell aussehen, als hätte man zwei Tage die Beine hochgelegt. Dem lässt sich nur mit einer offenen Feedbackkultur entgegenwirken. Ein vertrauensvolles Verhältnis und regelmäßige Gesprächsrunden räumen Zweifel am Engagement am effizientesten aus.
Von Zuhause zu arbeiten führt leider auch Probleme mit sich, die unüberwindbar sind und deren Auswirkung einfach vom Typ Mensch abhängen. Dadurch das man schlicht physisch von seinen Kollegen getrennt ist, wird man sich zwangsläufig isoliert und abgeschottet fühlen. Mir persönlich hilft das bei der Konzentration. Es gibt aber auch viele Menschen für die das eher eine Belastung darstellt. Aus diesem Umstand lässt sich auch ableiten, dass ein gemeinsames Teamgefühl schwerer zu erreichen ist. Das ist leider eine Konsequenz die man hinnehmen muss.
Aus der Isolation ergibt sich auch, dass der Onboarding Prozess für neue Mitarbeiter nicht mehr beiläufig stattfinden kann. Sowohl die neuen Mitarbeiter als auch die Kollegen müssen proaktiv am Onboarding arbeiten. Hier hilft eine Checkliste, über die Neuankömmlinge noch offene TODOs für ihr Onbaording finden und Kollegen den Fortschritt des Prozesses im Auge behalten.
Für mich sind die folgenden drei Punkte am wichtigsten, wenn man plant langfristig einen erheblichen Teil der Arbeitszeit remote zu verrichten:
Work-Life Balance im Blick behalten: Es gibt diese Arbeitsphasen, in denen man in Aufgaben versinkt und mit “Die Kleinigkeit mach ich noch fertig”-Gedanken Stunde um Stunde länger arbeitet. Auch wenn man in solchen Phasen sehr produktiv sein kann, läuft man im Home-Office Gefahr, nicht mehr richtig abschalten zu können. Ohne einen Heimweg muss man ein Auge auf den täglichen Abschluss behalten.
Virtual culture: Es sollte im Jahr 2024 eigentlich nicht mehr erwähnenswert sein - dennoch ist es wichtig zu betonen, dass im Unternehmen eine virtuelle Arbeitskultur herrscht. Das geht über die Nutzung von Chatplattformen und Emails hinaus. Im Grunde sollte es keinen Unterschied machen, ob jemand vom Büro oder von Zuhause aus arbeitet.
Richtigen Arbeitsplatz einrichten: Ein anständiger Schreibtisch, mit externen Monitoren und Peripheriegeräten (Maus, Tastatur) bringt nicht nur mehr Produktivität. In Kombination mit einem guten Bürostuhl und einem Stand-Up Desk ist der Arbeitsplatz ergonomisch und macht den Rücken nicht so kaputt wie wenn man am Küchentisch über dem Laptop kauert. Ein guter Arbeitsplatz ist immer eine sinnvolle Investition - immerhin verbringen wir hier 8 Stunden unserer Arbeitstage 😉.